Caravaggio – Bekehrung des Paulus

Bildanalyse, Caravaggio, Italienische Malerei

Caravaggio, Bekehrung des Paulus, 1600–01,
Öl auf Leinwand. 230 x 175 cm., Rom, S. Maria del Popolo, Cappella Cerasi.

Caravaggios ausgereifter Stil wird zum ersten Mal in den Wandbildern der Contarelli-Kapelle von S. Luigi dei Francesi und in der Cerasi-Kapelle von S. Maria del Popolo fassbar.

In dem hier gezeigten Bild „Bekehrung des Paulus“ aus der Cerasi-Kapelle liegt der gestürzte Paulus vom Licht überwältigt und mit flehend erhobenen Armen am Boden. Ein Knecht mit derbknochigen Händen und nackten Füßen führt das den oberen Bildraum füllende, ungesattelte Pferd am Zaumzeug hinweg, eine der einprägsamsten Tierdarstellungen der italienischen Kunst. Nichts ist dagegen zu sehen von der plötzlichen Vision Christi am Himmel, dessen Erscheinung Paulus überwältigte und blind zu Boden fallen ließ.

Die Komposition wurde kurz nach der Entstehung heftig kritisiert, da sie „gänzlich ohne Handlung“ sei und so das beispielhafte Schicksal des hl. Paulus, seine Erleuchtung, nicht gebührend zum Ausdruck käme. In Wirklichkeit aber verursachte gerade diese bisher ungewohnte Anwendung des Lichtes eine völlig neue Sehweise. Caravaggio verwandelt das Licht weder in den atmosphärischen Sfumato-Schleier Leonardo da Vincis noch in die vibrierenden Oberflächenschwingungen Tizians. Er umreißt in klaren Lokalfarben die Körper plastisch und fest. Die schräg einfallende Lichtbahn, deren natürliche Quelle nicht festzustellen ist, beleuchtet scharf und gebündelt bestimmte Bildpartien, während die benachbarten Zonen unter dichten Schatten liegen. In dieser Helldunkelmalerei gewinnt das gezielt eingesetzte Licht erstmals einen eigenständigen Ausdruckswert. Helligkeit betont nicht nur die großartig modellierte Flanke des Pferdes und den Körper des Gestürzten, sondern sie verkörpert darüber hinaus gleichzeitig auch die Lichterscheinung der unsichtbaren Christusfigur, die den Sturz auslöste. Während die Figuren selbst betroffen und teilnahmslos verharren, fällt dem Helldunkelkontrast eine dynamische und akzentuierende Bildfunktion zu.

Auszug aus dem eBook:

Italienische Malerei

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Die kunsthistorische Betrachtung der ITALIENISCHEN MALEREI beginnt mit der frühchristlichen Katakombenmalerei sowie großer Mosaikzyklen und zieht sich bis ins 18. Jahrhundert, in dem die Nationalkunst in europäischem Klassizismus mündet.

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