Kubismus und Futurismus

ihr Missfallen und Unverständnis bekundeten. Erst mit einer weiterführenden Beschreibung kann aufgezeigt werden, wie stark Bildthema und die zur Darstellung verwendeten bildnerischen Mittel in Bezug auf die traditionelle Norm auseinanderklaffen. Statt eines runden, geschmeidigen und damit die weiblichen Körperformen nachahmenden Konturs wird der Beschauer mit der optischen Tatsache konfrontiert, dass bei großer anatomischer Freiheit in der Grobgliederung der Figuren insbesondere an deren Feingliederung (Gelenkstellen, Brüste, Gesichter) Umrisse von splittriger Kantigkeit hervortreten, die natürlich, rein malerisch gesehen, möglich sind, die gewohnte Darstellung eines weiblichen Aktes aber sprengen und deshalb schockieren. Zu dieser Darstellungsweise gehören in Farbe und Form zerstückelt erscheinende Flächenteile des Hintergrunds und der wohl als unregelmäßig gezackt zu bezeichnende obere wie untere Abschluss des figürlichen Motivs. Statt der erwarteten anatomischen Richtigkeit und Wahrscheinlichkeit werden geometrienahe Formstücke vorgeführt, statt einer expressiven Gestik wird der Versuch gemacht, die menschliche Figur weniger nach mimetischen denn nach bildgemäßen Gesichtspunkten zu ordnen in der Absicht, das Bild so zu organisieren, dass optische Repräsentation im Bild an die Stelle der nachahmenden Abbildung tritt. In den Gesichtern der beiden mittleren Akte, ganz ohne Zweifel en face gegeben, erscheinen die Nasen im Profil. Bei der Verbildlichung der Gesichter beschränkt sich der Künstler auf die zu einem Gesicht gehörenden bezeichnenden Teile, also auf Augen, Nase, Mund und Ohren, womit er die Köpfe in die Nähe primitiver Plastiken rückt. Die als diagonale Richtungswerte eingesetzten farbigen Schraffuren in den Gesichtern der beiden rechten Akte steigern diesen bildnerischen Reduktionsprozess bis ins Maskenhafte. Zugleich aber werden diese Schraffuren anstelle des Hell-Dunkels in der traditionellen Malerei für die Angabe von

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